Fächerübergreifendes Lernen am Gymnasium Liestal
Schülerinnen und Schüler berichten
„Wenn man in die Schule kommt, von einer Stunde in die nächste geht, (...) und einen anderen Lehrer vor sich hat, kann man die Verbindung eigentlich gar nicht wirklich machen zwischen den verschiedenen Sachen. Das sind dann einfach Schulfächer, aber nicht wirklich etwas, was Bedeutung hat in der wirklichen Welt (...). Wenn man aber so etwas wie die Genussmittel nimmt und das dann in zwei Fächern wie Wirtschaft und Geschichte platziert, dann merkt man: Diese zwei haben eine Relevanz, die auch übergreifend ist. (…) Das bringt es irgendwie näher zur Welt."
(Wahlkurs „Historische und ökonomische Streifzüge durch die Welt der Genussmittel“)
„Man lernt im fächerübergreifenden Unterricht ja nicht nur Inhalte (wie z.B. Ökologie), sondern auch, dass man diese von verschiedenen Seiten aus anschauen kann, dass ein Biologe anders ans Problem herangeht als ein Chemiker und ein Wirtschaftler das noch einmal anders ansehen würde.“
(Wahlkurs „Ökologie“)
„Interessant war, dass man lebensnahe Themen behandelte, die wir vielleicht auch gebrauchen können. Zum Beispiel: Wir wissen jetzt, was mit giftigen Tieren oder Pflanzen passieren kann, oder kennen die Wirkung von Medikamenten, z.B., dass Aspirin die Blutgerinnung behindert.“
(Wahlkurs "Medikamente, Gifte, Drogen")
Diese Schülerstimmen stammen aus Interviews mit Maturandinnen und Maturanden. Sie wurden 2009 im Rahmen einer Studie der Universität Zürich am Gymnasium Liestal aufgezeichnet. (Studie zum fächerübergreifenden Unterricht am Gymnasium Liestal).
Warum fächerübergreifender Unterricht?
Für das Verbinden der Fächer sprechen heute zahlreiche Gründe. Sie betreffen das Lernen selbst, das Universitätsstudium, das Berufsleben und die Gesellschaft als Ganze:
Schülerinnen und Schüler berichten, dass fächerübergreifender Unterricht das Gelernte „näher zur Welt führt“, es mit ihren eigenen Erfahrungen verbindet und so auch mit Sinn und Bedeutung erfüllt. Auch wird das Gelernte besser im Gedächtnis gefestigt, wenn es in unterschiedlichen Wissensgebieten verankert und im praktischen Leben anwendbar ist. (Studie zum fächerübergreifenden Unterricht am Gymnasium Liestal)
Das an den Universitäten vermittelte Fachwissen wird heute immer stärker spezialisiert. Gleichzeitig entstehen integrierte Studiengänge, die nach fächerübergreifender Zusammenarbeit rufen. Beispiele sind Umweltwissenschaften, Wirtschaftsinformatik, Schmerzmedizin, Bioinformatik oder Stadtplanung.
Auch die berufliche Praxis verlangt heute vernetzendes Denken und Handeln. Allround-Führungskräfte werden umworben. Auch Fachleute finden heute nicht einfach Fachgebiete, sondern Bereiche wie „Produktion“ oder „Marketing“, die in vielfältiger Weise miteinander verbunden sind.
Die Probleme, die sich unserer Gesellschaft heute stellen, „tun uns nicht den Gefallen, sich als Probleme für disziplinäre Spezialisten zu stellen“ (Mittelstrass). Sie verlangen von Studierenden die Bereitschaft und Fähigkeit, fachliche Scheuklappen abzulegen und den Blick auf Zusammenhänge zu weiten. - Deshalb wollen wir schon am Gymnasium ein Denken in Zusammenhängen fördern.
Das revidierte Maturitätsreglement von 2007 unterstützt uns in diesem Anliegen. Es fordert von den Gymnasien neben fachlicher Vertiefung die Schulung von „vernetztem Denken“ (Artikel 5):
„Jede Schule stellt sicher, dass die Schülerinnen und Schüler mit fächerüber-greifenden Arbeitsweisen vertraut sind“ (Artikel 11a).
Wie die Fächer am Gymnasium Liestal zusammengehen
Unsere Schule bietet seit mehreren Jahren einen Strauss fächerübergreifender Wahl- und Ergänzungsfachkursen an, die im Abschlussjahr vor der Maturität stattfinden. Hier einige Beispiele:
„Medikamente, Gifte, Drogen“ (Biologie, Chemie)
„Historische und ökonomische Streifzüge durch die Welt der Genussmittel“ (Wirtschaft u. Recht, Geschichte)
„Ökologie“ (Biologie, Chemie)
„Faschismus“ (Geschichte, Deutsch)
„L’Afrique dans le monde“ (Geografie, Geschichte)
„The Sixities and Seventies in Literature and Music“ (Musik, Englisch)
"Jazz – Soundtrack zur Geschichte Amerikas“ (Geschichte, Musik)
Auch Projekt- und Maturaarbeiten können fächerübergreifend verfahren.
Studie am Gymnasium Liestal
Eine Studie der Universität Zürich unter der Leitung von Prof. Dr. Regula Kyburz-Graber ging 2009 der Frage nach, welche Vorteile fächerübergreifender Unterricht im Vergleich mit dem Fachunterricht erbringt. Stimmen aus den zahlreichen Interviews, die in diesem Rahmen aufgezeichnet wurden, finden Sie unter à Schülerinnen und Schüler berichten.
Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
- Lernende schätzen es, wenn sie im Verbinden der Fächer Neues entdecken können.
- Fächerübergreifendes Lernen macht es möglich, das Gelernte an konkrete Lebensfragen und die eigene Person anzubinden. Lernen wird damit persönlicher und gewinnt an Sinn.
- Das Gelernte bleibt besser im Gedächtnis haften, weil es in verschiedenen Wissensgebieten verankert und im praktischen Bezug verwendbar ist.
Warum eignen sich unsere Wahlkurse besonders für fächerübergreifendes Lernen?
- Im Abschlussjahr vor der Maturität sind die fachlichen Grundlagen gelegt. Eine fächerübergreifende Vertiefung kann fachliches Wissen nun fruchtbar verbinden.
- Mit drei Wochenlektionen über zwei Semester erlauben die Kurse, ein Thema vertieft und in unterschiedlichen Lernformen zu behandeln.
- Teamteaching ist möglich. Das Zusammentreffen der verschiedenen „Fachgesichter“ der Lehrpersonen macht den Unterricht klar als fächerübergreifend erfahrbar.
Die Ergebnisse der Studie der Universität Zürich sind in ein Handbuch für den fächerübergreifenden Unterricht eingeflossen: Wege zum guten fächerübergreifenden Unterricht.
Ausblick
Mit der Einführung des vierjährigen Gymnasiums haben wir neben den Wahl-und Ergänzungsfachkursen, Projekt- und Maturaarbeiten ein weiteres fächerübergreifendes Unterrichtsgefäss eingeführt: Die Akzentkurse. Diese drehen sich um aktuelle gesellschaftliche und politische Themen. Sie werden in einem Block von vier Lektionen während eines Semesters durchgeführt. Die Schülerinnen und Schüler können die Kurse nach ihrem Interesse belegen.